DDR-PLANUNGSGESCHICHTE
Portal des IRS Erkner zur Bau- und Planungsgeschichte der DDR
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Ein bonbonfarbenes und viele andere Autos – ‚Citizen Scientists‘ für die Erschließung der Bestände der Wissenschaftlichen Sammlungen gesucht!

Fund des Monats (Nr. 22 vom Mai/Juni 2022)

von Rita Gudermann, IRS Erkner

 
 


 

In diesem ‚Fund des Monats‘ soll es einmal nicht um ungewöhnliche Fundstücke aus unserem Archiv gehen, die wir Ihnen hier ausführlich erklären wollen. Es soll vielmehr um Fundstücke gehen, die wir Ihnen NICHT erklären können.

Unter den Hunderttausenden von Fotos, die über das Institut für Städtebau und Architektur (ISA) oder Nachlassgeber in unser Archiv gelangt sind, finden sich viele, die nur spärlich oder gar nicht beschriftet sind. Zwar wissen wir häufig, wer das Foto gemacht hat, wissen zumeist, an welchem Ort es entstanden ist (aber nicht immer), aber tappen sehr oft im Dunkeln, was genau abgebildet ist.

So zum Beispiel unser Foto eines rosafarbenen Autos: Gemacht wurde es von Hans Erich Bogatzky, dem 2009 verstorbenen bekannten DDR-Innenarchitekten, der seinen umfangreichen Fotonachlass den Wissenschaftlichen Sammlungen des IRS vermacht hat. Auch wissen wir, dass das Bild aus der zweiten Hälfte der 1980er Jahre stammt, denn Bogatzky hat es auf dem Diarähmchen vermerkt. Sogar der Ort ist bekannt – das Auto stand in Berlin.

Dann aber ist es auch schon vorbei mit unserem Wissen. An welcher Hausecke genau stand es? Ist im Hintergrund vielleicht ein Friseursalon zu sehen? Wenn ja, welcher? Haben wir das Dia möglicherweise spiegelverkehrt eingescannt, weil das Auto offenkundig auf der falschen Straßenseite parkt? Um welchen Autotyp handelt es sich? Und wer hat das Auto rosa angestrichen?

Es scheint eine Geschichte hinter diesem Bild zu stehen, die wir nur zu gerne erfahren würden. Denn solche nur auf den ersten Blick unscheinbaren Fundstücke können uns spannende Auskünfte über das Alltagsleben in der DDR geben. Schließlich dokumentieren wir nicht nur die ‚offizielle‘ Architektur- und Planungsgeschichte der DDR, sondern auch, wie das Leben in der ‚gebauten Umwelt‘ ausgesehen hat.

Hier einige weitere Beispiele aus den Wissenschaftlichen Sammlungen zum Suchwort ‚Auto‘:

(Alle Motive stammen aus dem Nachlass von Hans Erich Bogatzky)

Zu gerne wüssten wir, was genau auf den Bildern abgebildet ist – nicht nur welche Autos, sondern auch, welche Gebäudetypen, Baujahre, Architekten und Brigaden, Abrisse und was es sonst zu wissen gibt.

Solche Fundstücke sind nicht nur ‚Eye-Candy‘, mit denen sich Bildbände zur Geschichte der DDR bebildern lassen. Von solchen Bildern lebt auch unsere Erinnerung. Ein ganzer Forschungszweig der Geschichtswissenschaften beschäftigt sich mit der ‚Visual History‘ und arbeitet daran, Bilder nicht nur als Quellen zu erschließen und zu hinterfragen, sondern an ihrem Beispiel auch die Historizität unserer Sichtweisen zu untersuchen.

Damit solche Schätze nicht noch viele weitere Jahre ungehoben in Archivkästen oder auf unseren Festplatten schlummern, haben wir im Dezember 2021 das bürgerwissenschaftliche Projekt CitizenArchives ins Leben gerufen. Zusammen mit interessierten Bürger:innen und in Kooperation mit dem Unternehmen Programmfabrik GmbH werden in dem auf zwei Jahre angelegten Projekt Prozesse und Produkte zur einfachen Digitalisierung, Erschließung und Veröffentlichung von Beständen kleinerer Archive entwickelt. Denn so wie uns fehlen auch anderen Spezialarchiven oftmals die personellen und finanziellen Mittel für eine flächendeckende Erfassung ihrer Schätze.

Wir wenden uns also an alle, die sich für die Geschichte der Architektur und der Planung der DDR interessieren und einen kleinen Beitrag zur Erschließung unserer Bestände liefern wollen. Gerade sind wir dabei, eine komfortable Eingabemaske zu entwickeln und erste ‚Citizens‘ anzuwerben. Wenn Sie also Interesse haben, uns bei der Erschließung unseres Fotobestandes zu helfen, sind Sie uns herzlich willkommen! Schreiben Sie eine Mail an paul.perschke@leibniz-irs.de und wir melden uns bei Ihnen, sobald es ‚richtig‘ losgeht!